Salama - Meine Nacht im Makualand
Hallo ihr Lieben!
Letztes
Wochenende hatte ich die Ehre eine Nacht etwas außerhalb von Pemba, sozusagen
„auf dem Land“ zu verbringen. Ich wurde von unserer „Empregada“ Sophia, die Kollegin von Ancha
(u.a. bekannt durch die Serie „Kochen mit Ancha“;)), eingeladen bei ihr zu schlafen.
Mein kleines Erlebnis will ich euch natürlich nicht vorenthalten und werde
meinen Einblick in den sehr traditionellen Alltag einer mosambikanischen Frau
mit euch teilen.
Freitag, 20.
Oktober 2017
17:00 Uhr
Sophia hat
Feierabend. Ich packe meine sieben Sachen und mache mich mit ihr auf den Weg zu
unserer Chappa Haltestelle mit dem Namen „Antena“. Diesen Namen hat die
Haltestelle den zwei großen Telefonmasten auf beiden Straßenseiten zu verdanken.
Man muss aber in Mosambik einfach wissen, wo der Bus hält, denn nach einem
Straßenschild, welches auf eine Haltestelle hinweist, oder einer Sitzbank, kann
man hierlange Ausschau halten.
17:20
Bei
„Controle“, direkt neben der Polizeikontrolle, müssen wir umsteigen. Ich
bezahle wie gewohnt meine 10MTZ und
verlasse den engen, heißen und nach Schweiß riechenden Bus.
Die Sonne
fängt langsam an unterzugehen. Normalerweise wartet man nie länger als 2
Minuten auf einen Chappa. Als nach 10 Minuten warten immer noch kein Bus in
Sicht ist, fangen Sophia und ich ein bisschen Smalltalk mit den anderen umherstehenden
Menschen an.
Ziemlich
schnell muss ich feststellen, dass hier kaum noch jemand der Amtssprache
Portugiesisch mächtig ist. Hier sprechen alle Leute „Makua“, die in und um
Pemba geläufigste „Buschsprache“. Glücklicherweise habe ich mir mittlerweile
schon das übliche „Hallo wie geht´s“ auf Makua angeeignet und kann damit einige
Leute überraschen. Allerdings hören meine Sprachkenntnisse dann auch schon wieder
auf.
18:00 Uhr
Mittlerweile
ist es dunkel geworden, und wir warten immer noch an der „Controle“ zum
Umsteigen. In der letzten halben Stunde sind drei Busse vorbeigefahren, die wir
hätten nehmen können.
Warum wir
dann immer noch hier rumstehen?
Bestimmt
nicht zum Spaß! Sehr gerne wäre ich in einen dieser Busse eingestiegen, aber
ich kann euch eins sagen: Chancenlos. Der Chappa ist noch nicht mal zum
Stillstand gekommen, da stürzen sich schon dreimal so viele grölender Männer,
wie eigentlich reinpassen, auf den Bus, und versuchen sich oder wenigstens
eines ihrer Kinder durchs offene Fenster in den Bus zu quetschen. Das ganze
Szenario erinnert an eine Horde hungriger Löwen, denen man ein Stück Fleisch in
die Mitte wirft.
Die Frauen
halten sich bei diesem Kampf offensichtlich etwas zurück, vielleicht auch weil
sie wissen, dass es hoffnungslos ist.
18:40
Endlich!
Fast 1,5 Stunden später haben Sophia und ich einen Platz auf der Ladefläche
eines Pick-Ups ergattert. Ich fahre hier zwar regelmäßig auf Pick-Up
Ladeflächen, allerdings üblicherweise nicht zwischen 40 anderen Personen, mit
einem Bein auf dem Boden und eine Hand an eine fremde Schulter gekrallt, um
nicht von einem der unzähligen Schlaglöcher auf der Staubstraße umgehauen zu
werden.
Irgendwo im
Nirgendwo halten wir dann an, der Fahrer steigt aus und sammelt von jedem
Passagier Geld ein. Ich als erfahrene Chappa-Fahrerin habe meine 10 MTZ
natürlich schon griffbereit in der Hosentasche. Denn mittlerweile weiß ich,
dass man nicht immer Platz, eine Hand frei oder Zeit hat in seinem Rucksack
nach dem Portmonee zu kramen.
Tja, zu früh
gefreut Frau Oberschlau! Diese Staubpiste kostet nämlich 15MTZ. Jetzt darf sich
jeder einmal vorstellen, wie ich inmitten aller anderen Mitfahrer im Dunkeln auf
eine ungeschickte Art und Weise in den tiefen meines Rucksackes nach meinem
Portmonee suche. Natürlich ist es gaaaaaanz unten. Als ich es dann endlich
gefunden habe, muss ich feststellen, dass ich nur 500MTZ Scheine dabei habe.
Ich halte ihm die 500MTZ hin, er schaut nicht gerade begeistert, nimmt sie an
und redet irgendwas auf Makua. Als er dann mit fünf verschieden Person Geld
gewechselt hat, kann er mir endlich mein Rückgeld geben und weiter geht’s.
19:00 Uhr
Mit einem
doppeltem Klopfer „Clap, Clap“ vermittelt man dem Fahrer, dass man aussteigen
möchte und der Pick up hält für einen kurzen Moment an. Einer nach dem anderen
springt von der Ladefläche und mittlerweile kann ich auch auf beiden Füßen
stehen und mich mit beiden Händen sicher am Fahrerhäuschen festhalten.
Ich schaue
hinauf und sehe eine Millionen Sterne am Himmel glitzern. Man kann ganz
deutlich die Milchstraße, den großen Wagen und bestimmt noch viel mehr, wovon
ich keine Ahnung habe erkennen. Ich beobachte, wie wir an den kleinen Villages vorbeifahren
und sich die Familien unter Straßenlaternen oder Lagerfeuern friedlich
versammeln, gemeinsam Musik machen und tanzen. Ich genieße einfach nur den
Moment und spüre den warmen Fahrtwind durch meine Haare wehen.
19:15Uhr
Endstation.
Endlich, über zwei Stunden später, sind auch wir an „Casa de Sophia“ („Haus der Sophia“)
angekommen. Zum Vergleich: Mit dem Auto braucht man für die Strecke nur knappe
25 Minuten. Sophia erzählt mir, dass es jeden Abend dasselbe Schlamassel ist,
und diese Strecke von viel zu wenigen Chappas befahren wird. Der Grund dafür
ist, dass die Busse wegen den schlechten Straßenverhältnissen auf der
Staubpiste sehr schnell kaputt gehen und deshalb niemand diese Strecke befahren
will.
Umso mehr
freue ich mich über den netten Empfang von Sophias Mutter. Ich bekomme eine
kurze Hausführung. Ich werde in dem Schlafzimmer von Rosalina, Sophias Tochter,
welche an Werktagen bei ihrem Vater wohnt, untergebracht. Darüber hinaus gibt
es noch Sophias Schlafzimmer, ein „Badezimmer“ und das Ess-und Wohnzimmer.
Richtig gemerkt, im Haus befindet sich keine Küche. Traditionell wird nämlich
draußen und mit Feuer und Kohle gekocht.
Eingangstür "Casa de Sophia" |
Blick auf die Gefriertruhe - darin befindet sich selbstgemachtes Wassereis |
Mein Schlafzimmer für diese Nacht |
"Badezimmer" |
Sophias Schlafzimmer |
Wohn- und Esszimmer |
Küche |
19:30
Netterweise
hat Sophias Mama bereits für uns gekocht und das Essen steht schon fertig auf
dem Tisch. Generell ist mir aufgefallen, dass die Afrikaner keinen großen Wert
darauf legen, dass das Essen noch warm ist. Aber bei den Temperaturen stört
mich das auch nicht wirklich.
Es gibt Reis
mit Linsen, eine Art Moringaeintopf, Matranga (ein Brei aus getrockneter und zu
Mehl verarbeiteter Maniokwurzel) und frittierte, lokale MiniFische. Es ist
nicht zu übersehen, dass man extra für mich heute Abend etwas größer
aufgetischt hat, worüber ich mich natürlich sehr gefreut habe. Traditionell
habe auch ich dann nicht mit Besteck, sondern mit der Hand gegessen. Man darf
hier allerdings zum Essen nur die rechte, und auf keinen Fall die linke Hand
benutzen.
20:00 Uhr
Während dem
Essen kommen nach und nach alle möglichen Familienmitglieder rein und leisten
uns Gesellschaft. Ich lerne verschiedene Tanten, Cousinen, Neffen usw. kennen,
an deren Namen ich nicht alle erinnern kann. Ab und zu klopfen auch kleine
Kinder an der Tür und kaufen für 1MTZ (1,4ct) ein kleines selbst gemachtes
Wassereis.
Ich merke,
dass hier wirklich keiner mehr Portugiesisch spricht – herzlich willkommen im
Makualand. Sophia ist in ihrem Familien- und Freundeskreis die einzige die
einen richtigen Job in der Stadt hat. Dafür bekommt sie zwar einerseits viel
Respekt, andererseits muss sie aber auch alle Anderen finanziell unterstützen.
21:00 Uhr
Langsam
kehrt Ruhe ein. Wir sind beide total müde und entscheiden ins Bett zu gehen.
Nachdem ich die Pläne für den nächsten Morgen erfragt habe, ist es auch höchste
Zeit.
Ich wollte
nur noch schnell ins Badezimmer und mir die Zähneputzen. Ohne fließendes Wasser
ist es mir in diesem „Badezimmer“ allerdings ein Rätsel, wie das funktionieren
soll. Weil ich niemanden aufwecken will, entscheide ich mich dafür meine
Abendroutine auf den nächsten Morgen zu verschieben.
3:00 Uhr
Ja richtig
gelesen. Um 3:00 Uhr morgens (besser gesagt in der Nacht) fängt hier auf dem
Land der neue Tag an. Noch ist es dunkel und angenehm kühl (22 Grad). Doch
schon bald wird die Sonne aufgehen und die Hähne werden anfangen zu krähen. Wir
machen uns an die täglichen Aufgaben. Dazu gehören unter anderem putzen,
Geschirr abwaschen, kehren, Wasser holen, Tiere füttern (Gänse, Hühner) und
Wäsche waschen (natürlich OHNE Waschmaschine).
5:00 Uhr
„Lass uns
zum Meer gehen und Zähneputzen“, sagt Sophia. Das lass ich mir nicht zweimal
sagen und wir machen uns auf den Weg durch das Dorf, wo eigentlich jeder jeden
kennt, zum Meer. Vorher habe ich mich noch mit einem Kopftuch an die Kleiderordnung
der Dorfbewohner angepasst. Fünf Minuten später sind wir auch schon da. Das
Meer sieht so verlockend aus, dass ich jetzt am liebsten eine Runde schwimmen
gehenwürde, aber die Arbeit ruft.
Auf dem
Rückweg bricht Sophia erst mir, dann sich selbst, einen Stock von einem Baum ab
und gibt mir den Stock mit den Worten „Zahnbürste der Makua“. Sie fängt fleißig
an darauf herum zu kauen. Also mache ich es ihr nach. Im selben Moment habe ich
ganz viel Dreck, Holz und Sand im Mund. Wen wundert es, wenn man auf einem Ast
herumkaut. Ich spucke alles aus und entscheide, dass das genug Zähneputzen für
heute ist. Sophia scheint es zu genießen und kaut eine Viertelstunde später
immer noch auf ihrem Ast rum. Ich erfrage wie diese Bäume heißen und bekomme
erklärt, dass es sich bei diesen um den „Wald der Zahnbürsten der Makua“
handelt. Alles klar.
Wenn man jemanden ein Foto machen lässt, der noch nie vorher ein Handy in der Hand hatte :D |
Wald der Zahnbürsten der Makua |
Zahnbürste der Makua |
6:00 Uhr
Wieder
angekommen an der „Casa de Sophia“ machen wir uns ans Frühstück. Um Tee zu
machen müssen wir erst ein Feuer machen. Nun müssen wir warten bis das
Wasser aufgekocht ist. In der Zwischenzeit gehen wir zu einem nahegelegenen
Limonen-Baum und pflücken ein paar Blätter für unseren Tee. Dann spazieren wir
noch bei ein paar Verwandten vorbei und stoppen an der Bäckerei und kaufen ganz
frische Brötchen. Normalerweise schmeckt das Brot (ausschließlich trockenes Weißbrot)
hier wirklich nicht besonders. Aber diese Brötchen sind einfach nur köstlich.
Neben dem Fakt, dass man hier weder Butter, Käse oder geschweige denn Nutella für
einen „gesunden Start in den Morgen“ kennt, braucht man das auch überhaupt
nicht.
Wir sitzen
auf der Stufe vor der Hütte genießen unseren Lemon Tee (in den die Mosambikaner
immer unglaublich viel Zucker schütten) und diese besonderen Brötchen.
7:00 Uhr
Gestärkt
verlassen wir das saubere und aufgeräumte Haus. Wir warten zwar wieder eine
ganze Weile auf den Chappa, aber brauchen trotzdem diesmal nur eine Stunde
zurück.
8:00 Uhr
Zuhause
angekommen freue ich mich sehr auf meine Zahnbürste und das fließende Wasser.
Ich habe
diese kurze Nacht sehr genossen. Ich habe viele Einladungen bekommen wieder zu
kommen, um mir die Feldarbeit oder das traditionelle Kochen zu zeigen.
Ich bin
sicher, dass das nicht mein einziger Besuch bei Sophia bleibt und freue mich
schon auf viele weitere Erlebnisse.
Ich hoffe
ich konnte euch mit diesem Blogpost ein paar Eindrücke des echten Landlebens in
Mosambik vermitteln.
Liebe Grüße
Eure Elena
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